Der Völkermord an Sinti und Roma - Nds.Beratungsstelle für Sinti und Roma e.V.

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Sinti und Roma

Der Völkermord an Sinti und Roma

Mit dem nationalsozialistischen "Blutschutz-Gesetz" ("Nürnberger Gesetze") und dem "Ehe-Gesundheits-Gesetz" (beide September 1935) wurden die Sinti und Roma neben den Juden als "Artfremde" gesellschaftlich ausgegrenzt und der Verfolgungspolitik preisgegeben. Die "Rassenhygienische und bevölkerungs-biologische Forschungsstelle" erhielt den Auftrag, Sinti und Roma administrativ zu erfassen; dies bildete eine Voraussetzung für ihre systematische Vernichtung. Die Ernennung Heinrich Himmlers zum "Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei" (1936) steIlte die Weichen für eine zentralisierte Verfolgung der Sinti und Roma und für den Aufbau eines entsprechenden Apparates von der Reichs- bis hinunter auf die Ortsebene. Der "Zigeuner-Runderlass" (1938), der die "Zigeunerfrage aus dem Wesen der Rasse heraus" in Angriff nehmen sollte, formalisierte die Verfolgungspolitik und wies auf eine bereits früh in den Denkschemata des Nationalsozialismus erkennbare, auf Vernichtung zielende Richtung. Die Verfolgung oblag einem eigenen Apparat, der vom "Reichssicherheitshauptamt" (RSHA) über die "Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens" bis zu den Ortspolizeibehörden reichte, die zur ständigen Überwachung und zur Zuarbeit für das RSHA verpflichtet waren. Verschiedene NS-Institutionen, z.B. das "Rasse- hygienische Forschungsinstitut', das "Rasse- und Siedlungsamt der SS" und das "Ahnenerbe e. V." erstellten im Sinne der nationalsozialistischen Rassenideologie und auf der Grundlage bestimmter (pseudowissenschaftlicher) Klassifikationen Gutachten über Personen und Familiengruppen; diese Gutachten setzten Maßstäbe für die "Behandlung" dieser Menschen, die sich aber im Kern nur in der Form der Verfolgung unterscheiden sollte. Im Zweiten Weltkrieg eskalierte die Verfolgung der Sinti und Roma - vergleichbar den Judenverfolgungen im nationalsozialistischen Machtbereich - zum Völkermord (Genozid). Viele starben in Sammellagern an Hunger, Krankheit oder Erschöpfung, andere wurden in den seit 1940 von deutschen Truppen besetzten und dem Zugriff der SS ausgesetzten Ländern Europas ermordet oder in die Konzentrations- und Vernichtungslager in Polen verschleppt und getötet. Zentrum des Genozids an den deutschen Sinti und Roma war das Vernichtungslager Auschwitz. Parallel zur nationalsozialistischen Vernichtungspolitik wurden in bestimmten Konzentrationslagern zwangsweise Sterilisationen vorgenommen.

AK Sinti und Roma / Kirchen


Verfolgung auf dem Gebiet des heutigen Niedersachsens
Aus dem Gebiet des heutigen Niedersachsens wurden 1938, 1940 und 1943 Sinti und Roma in Arbeitslager und Vernichtungslager deportiert. Die Zahl der als sogenannte "Asoziale" in die Konzentrationslager Buchenwald und Sachsenhausen deportierten Männer wird bei mehreren hundert liegen. Als Verhaftungsgrund reichte die Beschreibung - kein fester Wohnsitz, unregelmäßiges Einkommen - und die Familienmitglieder, insbesondere Väter wurden verhaftet.
Eine Rekonstruktion der Vorgänge konnte bis heute nicht ausführlich erbracht werden.
1940 wurden aus den "nordwestlichen deutschen Grenzgebieten", insbesondere aus Hamburg, mehr als 1000 Sinti und Roma in das Generalgouvernement in das besetzte Polen gebracht.  Im März 1943 wurden die meisten, den Verfolgungsbehörden bekannten Sinti, in einem großen Transport nach Auschwitz-Birkenau in das sogenannte Zigeunerlager deportiert. Der Zug, der diese Opfer aufzunehmen hatte, hielt in den Städten Osnabrück, Minden, Hannover, Braunschweig und Magdeburg. In diesen Städten wurden sowohl diejenigen verhaftet, die sich in den kommunalen Sammellagern in Osnabrück-Papenhütte, in Hannover-Altwarmbüchener Moor, in Braunschweig-Veltenhof aufhielten, als auch die Familien, die noch im Stadtbereich wohnten. In Braunschweig wurde die Mehrzahl im Sammellager, in Hannover die Mehrzahl in ihren Wohnungen verhaftet. Namentlich bekant sind bis heute etwa 700 Personen. Fast alle Verhafteten starben in den verschiedenen Konzentrationslagern. Die Überlebenden aus Auschwitz-Birkenau
wurden noch nach Ravensbrück in das Frauenkonzentrationslager, die Männer nach Buchenwald und anschließend nach Nordhausen-Dora in den Harz gebracht. Von dort wurden sie am Ende des Krieges noch in das Konzentrationslager Bergen-Belsen transportiert.

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